"Man kann das Wort Gottes nicht in Ketten legen!"

Veröffentlicht auf von P. Olivier Sournia

Liebe Freunde!

"Das Wort Gottes lässt sich nicht in Ketten legen!" (2 Tim 2,9)
Erstaunliche Worte für einen Ostermorgen, nicht wahr? Vielleicht verstehen Sie sie besser, wenn ich Ihnen erzähle, dass ich seit dem heutigen Karmittwoch in Quarantäne bin. Tatsächlich. Nach drei Tagen Predigt, die mit einer wunderschönen Palmsonntagsfeier unter den Olivenbäumen des Beaumont-Hügels in Les Fontanilles eingeleitet wurden, und nachdem meine Nase und mein Hals bereits seit Montagmorgen zu spielen begannen, wurde ich am Mittwochabend positiv auf Covid19 getestet. Am nächsten Tag entdeckten Fran und Bernadette sowie acht weitere Retreat-Teilnehmer ebenfalls dieses sogenannte "positive" Ergebnis, das für uns alle die gegenteilige, ärgerliche Bedeutung hatte: Es war offensichtlich, dass es unmöglich war, das Retreat fortzusetzen. Mit vielen Tränen im Herzen mussten wir also am Donnerstagmorgen, als wir in die herrlichen heiligen Tage der großen Offenbarung des Herzens Gottes eintraten, auf die Fortsetzung verzichten... Unser Haus war voll: 90 Personen... und ein Virus. Mit bislang 5 Personen aus der Gemeinschaft und 12 betroffenen Exerzitienteilnehmern war es der Virus, unsichtbar, aber unausweichlich, der uns zu besiegen schien. Und die Verkündigung.

Und doch... am Abend des Gründonnerstags, nachdem sie den Bericht über das letzte Mahl Jesu gelesen hatten, gingen der "kleine Rest" der Gemeinschaft und die geretteten Gefährten in das Tal von Maria, um "eine Stunde mit ihm zu bleiben". Sie gingen los und ließen das ganze Tal mit ihren inbrünstigen Gesängen widerhallen, in der Stille dieser erstaunlich windstillen katalanischen Nacht. So drangen der Name Jesu und die Worte des Evangeliums, vermischt mit dem Rauschen des Baches, aus dieser felsigen Kluft und erfüllten den Raum dieser milden Frühlingsnacht. Im Garten eingemummelt, allein in der Nacht, fühlte ich mich so weit weg und doch so nah. Ich lauschte dem Gesang Seiner Jünger, dem Gesang Seiner Geliebten, die Ihn demütig ins Herz Seiner Stunde begleiteten... Ich lauschte diesem Gesang, und er erschütterte mich. Der Name Jesu wurde weiterhin ausgesprochen, angerufen und geliebt. Eine schmerzhafte und zugleich tröstliche Erfahrung, ein Gnadenbesuch in der Nacht des Übergangs, der sich für immer in mein Fleisch als Priester eingeprägt hat... Deshalb steigt in mir das siegreiche Wort des Paulus auf: "Man kann das Wort Gottes nicht in Ketten legen!".

Währenddessen geht in La Roche d'Or die Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge weiter, erschütternd, ergreifend... Das Drama der Welt schmiegt sich in die Höhle des kleinen Felsen in der Franche-Comté, unter den Mantel Marias, einen Mantel, der für viele unsichtbar und anonym ist, aber universell, weil mütterlich. Anonym zwar... aber die Kleinsten täuschen sich nicht, wie diese Frau, die gekommen ist, um die ukrainische Ikone der Mutter Gottes zu verehren, die von der orthodoxen Gemeinde von Besançon ausgeliehen wurde, eine verzweifelte Geste, deren Zeugnis uns Jean-Luc heute Morgen überbringt. Wie auch die Kinder, die im Herzen des Obstgartens im April ihre Schreie und ihr Lachen wieder aufleben ließen und in der Sprache ihres geschundenen Volkes spielten, während die Gemeinschaft in der Nähe der blumengeschmückten Ruhestätte wachte, wo der Leib des Herrn ausgestellt war. Das Wort Gottes lässt sich nicht in Ketten legen ... vor allem, wenn es nur noch aus dem Leben quillt, schmerzhaft, aber unaufhaltsam, verwundet, aber siegreich. Ist das nicht das Lied der Hoffnung, das Lied von Ostern?

Dieses Lied steigt in uns auf wie eine Kraft von unwiderstehlicher Sanftheit, mitten in der Widrigkeit, mitten in der Nacht, mitten im Tod... "Es ist eine Sanftheit, eine intime Berührung Gottes, die einen von innen heraus durchdringt, etwas absolut Erstaunliches, das uns wirklich erlaubt zu leben, ohne Angst. Es gibt dieses Eindringen Seiner intensiven, freundlichen, unendlich sanften Gegenwart und man weiß, dass man nie getrennt werden kann. Niemals. Weil unser Herz von Ihm besucht wird, haben wir gehört, er hat unsere prekäre Existenz in einer Zuneigung von immer und für immer zum Klingen gebracht". Diese intensiven Worte Rogers erzählen uns von der Erfahrung von Ostern und der Begegnung mit dem Auferstandenen. Der Text, dem sie entnommen sind, wird Ihnen heute Morgen in diesem Blog mitgeteilt. Ich bin sicher, dass Sie mit viel Freude und Geschmack die Worte sammeln werden, die das Brennen seiner eigenen Erfahrung wiedergeben. Sie tun gut... Sie sprechen aus dem Herzen unseres Glaubens und unserer Verkündigung des Wortes. Wenn man sie liest, spürt man umso mehr die Dringlichkeit der Verkündigung des Evangeliums. Die Widrigkeiten, denen man begegnet, können einem solchen Wort nichts anhaben, das sich nicht in Ketten legen lässt: "Unser Retter, Christus Jesus, hat den Tod vernichtet, er hat das Leben aufleuchten lassen durch sein Evangelium!" (2 Tim 1,10).

Liebe Freunde, haltet fest am Wort Gottes!

Mit der ganzen Gemeinschaft wünsche ich Ihnen ein schönes, zartes und gesegnetes Osterfest!

P. Olivier Sournia


Text ins Deutsche übersetzt von Michèle, Bernd Becker und Gabriele Socher-Schulz
 

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